Eine Geburt ist ein krasses Erlebnis – für das Baby ebenso wie für die Mutter. Während einige Geburten ganz easy peasy, sanft und komplikationsfrei verlaufen, gibt es viele Situationen, in denen der Geburtsprozess mit großem Stress, medizinischen Eingriffen oder Notfallsituationen verbunden ist. Zunächst sei mal an dieser Stelle gesagt: DANKE, dass es heute diese Möglichkeiten der medizinischen Versorgung gibt!
Trotzdem können solche traumatischen Geburtserfahrungen langfristige Auswirkungen auf das Nervensystem des Kindes haben und sich besonders in Schlafproblemen, Unruhe und/oder einem hohen Bedürfnis nach Nähe äußern.
Babys, die unter schwierigen Bedingungen geboren werden, erleben oft hohen körperlichen und emotionalen Stress. Die Situationen, die dazu führen, sind:
Kaiserschnitt: Plötzliche Entbindung ohne den natürlichen Geburtsprozess. Außerdem Verabreichung von Narkosemittel.
Saugglocken- oder Zangengeburt: Mechanische Hilfsmittel setzen hohen Druck auf den Kopf des Babys.
Geburtsstillstand oder lange Geburtsdauer: Hoher Stress durch anhaltenden Sauerstoffmangel. Oft verstärkt durch Wehenverstärker oder Wehenhemmer.
Notkaiserschnitt oder Trennung nach der Geburt: Fehlende Bindungserfahrung unmittelbar nach der Geburt.
Diese Ereignisse führen dazu, dass Babys mit einem übererregten Nervensystem auf die Welt kommen. Das kann sich durch:
Erhöhte Schreckhaftigkeit
Unregelmäßige Schlafzyklen
Schwierigkeiten bei der Selbstregulation
Ein starkes Bedürfnis nach Körperkontakt
viel weinen, schreien, überstrecken äußern.
Neugeborene und Kleinkinder, die ein Geburtstrauma erlebt haben, zeigen häufig Schlafprobleme. Der Grund: Ihr Nervensystem befindet sich in einem anhaltenden Stressmodus. Babys können nicht einfach „abschalten“, weil ihr Körper immer noch auf eine unvollständige oder belastende Geburtserfahrung reagiert.
Folgen eines Geburtstraumas auf den Schlaf:
Häufiges nächtliches Erwachen: Das Nervensystem bleibt in Alarmbereitschaft.
Kurze Schlafzyklen: Babys wachen oft nach 30–45 Minuten auf.
Schwierigkeiten beim Einschlafen: es scheint, als brächten sie ständige Beruhigung.
Nähebedürftigkeit: Sie schlafen besser auf dem Körper einer Bezugsperson.
Diese Reaktionen sind aus entwicklungspsychologischer Sicht normal. Ein Baby, das eine schwierige Geburt erlebt hat, zeigt durch Unruhe und Schlafprobleme, dass es noch emotionale und körperliche Spannungen in sich trägt.
Diese könnte das Kind theoretisch relativ einfach auch wieder loswerden, aber meistens sind wir als Eltern mit dem Verhalten des Kindes so überfordert, dass es uns gar nicht gelingen kann. Und das liegt oft an unserer eigenen kindlichen Wunde, die wir in uns tragen und noch nicht in Heilung gebracht haben.
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Stresshormone wie Cortisol während der Schwangerschaft die Entwicklung des Fötus beeinflussen können. Eine Studie ergab, dass erhöhte mütterliche Cortisolspiegel im ersten Trimester mit einer geringeren Reifung des Hippocampus bei Neugeborenen verbunden waren, was langfristige Auswirkungen auf die Stressregulation des Kindes haben kann.
Thomas Harms (Emotionelle Erste Hilfe) sagt: Die Geburt ist für Babys oft ein intensives Erlebnis, das Spuren im Nervensystem hinterlässt. Das Schreien nach der Geburt ist oft ein natürlicher Ausdruck dieser Erfahrung und sollte nicht unterdrückt werden. Und auch Aletha Solter (Begründerin des Aware Parenting) vermittelt immer weider: Babys benötigen nach traumatischen Geburten Unterstützung, um den Stress über Weinen, Nähe und Spiel zu verarbeiten.
Die gute Nachricht ist, dass Babys von Natur aus Mechanismen mitbringen, um Stress und Geburtstraumata zu verarbeiten. Das sind häufig weinen, schreien, wüten, toben, und der Schlüssel liegt hier darin, die Kids dabei liebevoll zu begleiten. Ein traumasensibler Umgang mit Schlafproblemen bedeutet, dem Baby die Möglichkeit zu geben, seine gespeicherten Spannungen zu lösen, anstatt sie zu unterdrücken.
Weinen in sicherer Umgebung begleiten: Babys verarbeiten Stress oft durch Weinen – nicht aus Verzweiflung, sondern zur emotionalen Entlastung.
Bindungsspiele nutzen: Toben, Körperkontakt und interaktives Spiel helfen dem Baby, Spannungen abzubauen.
Körperliche Nähe anbieten: Tragen, Co-Sleeping oder enger Körperkontakt geben Sicherheit.
Ruhige Atmung und Regulation der Eltern: Babys nehmen den emotionalen Zustand ihrer Eltern auf – wenn Eltern ruhig bleiben, kann sich das Baby entspannen.
Geduldig sein: Schlafprobleme sind oft keine Frage von „richtig oder falsch“, sondern von emotionaler Sicherheit.
Fakt ist: Traumatische Geburten hinterlassen Spuren im Nervensystem eines Babys. Schlafprobleme sind oft kein Zeichen von „falschen Gewohnheiten“, sondern ein Hinweis darauf, dass das Kind emotionale Spannungen verarbeitet. Mit einer traumasensiblen Begleitung können Eltern ihr Baby unterstützen, die Geburtserfahrung zu integrieren und langfristig zu mehr innerer Ruhe zu finden (www.emtrasens.com).
💡 Weiterführende Links und Quellen:
Frühe Hilfen: https://www.fruehehilfen.de/fileadmin/
user_upload/fruehehilfen.de/pdf/Kooperationstagung_2016_Folienpraesentation_Buss.pdf
Thomas Harms – Emotionelle Erste Hilfe: https://www.emotionelle-erste-hilfe.org/
Aletha Solter – Aware Parenting: https://awareparenting.com/
ÜBER DIE AUTORIN
Inga Wiegert
Inga Wiegert ist Expertin, wenn es um den gesunden und guten Schlaf von Babys, Kindern und der ganzen Familie geht. Seit 2009 beschäftigt sie sich intensiv mit herausforderndem Schlafverhalten, insbesondere von Babys und Kleinkindern. Mit emtrasens® hat sie einen eigenen, emotions- und traumasensiblen Ansatz im Schlafcoaching entwickelt, der vor allem die Arbeit mit den Themen der Eltern mit einschließt.
Endlich entspannte Nächte für dich, dein Baby und die ganze Familie.
Unser Blog hilft dir, den Schlaf und die Herausforderungen mit deinem Kind zu verstehen und zu verändern
Buch dir ein unverbindliches, kostenloses 15-minütiges Gute-Nacht Gespräch mit Inga Wiegert.
© Inga Wiegert, IMMER AUSGESCHLAFEN GmbH